Die Behörden der VR China verschärften in den Tagen um das 40. Gründungsjubiläum der Autonomen Region Tibet (TAR) herum ihre Wachsamkeit und die Kontrolle in Lhasa und anderen Teilen Tibets. Die Feierlichkeiten gingen mit Repression und Razzien, verstärkter Überwachung und vorbeugenden Maßnahmen einher, um einen glatten und störungsfreien Ablauf zu garantieren und auch um das Bild eines “glücklichen, modernen und erfolgreichen Tibets” zu vermitteln. Alle diese Maßnahmen bedeuten eine schwere Verletzung der grundlegenden Menschenrechte der Tibeter.
Am 28. August 2005 nahmen chinesische Sicherheitskräfte Sonam Gyalpo, einen ehemaligen politischen Gefangenen, in seiner Wohnung in Lhasa fest. Über den Ort seiner Inhaftierung ist nichts bekannt. Der 43-jährige Sonam Gyalpo stammt aus der Region Lhoka. Er war einer der 21 Mönche des Klosters Drepung, die am 27. September 1987 friedlich für die Befreiung Tibets demonstriert hatten. Sonam verbrachte drei Jahre im Gutsa Haftzentrum und im Drapchi Gefängnis.
Die chinesischen Behörden legen hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Stabilität in der Region ein geradezu paranoides Verhalten an den Tag. Um während größerer Feierlichkeiten und Ereignisse einem etwaigen Aufbegehren der Tibeter zuvorzukommen, ergreifen sie diverse Vorsichtsmaßnahmen, wie die verstärkte Überwachung verdächtiger Personen und ehemaliger politischer Gefangener, wobei sie auch nicht vor willkürlichen Verhaftungen zurückschrecken. Tibeter, zu deren Vorgeschichte politische Aktivitäten gehören, werden aus der Stadt entfernt und einem Verhör unterzogen. Ihre Angehörigen müssen dafür bürgen, dass sie keine unerwünschten Aktivitäten ausführen. All das schuf in weiten Teilen Tibets eine Atmosphäre der Furcht.
Am 22. Juli 2005 begannen das “Anti-Separatismus Komitee der TAR und das Sicherheitsbüro mit der Durchführung der Hartdurchgreifkampagne für den Sommer, damit es während der Feiern des 40. Jahrestags der Gründung der TAR zu keinerlei politischen Zwischenfällen käme. Personen, die früher einmal politisch aktiv waren und ehemalige Gefangene sind ebenso wie Strafgefangene die Hauptzielscheibe der Kampagne. Einem Bericht des China Tibet Information Centre aus der Zeitung Tibet Daily zufolge sei es den gemeinsamen Bemühungen des “Tibet Affairs Bureau” und des “Security Bureau Committee” zu verdanken, dass die Hartdurchgreif-Kampagne in der gesamten TAR so erfolgreich verlief. In dem Artikel wird auch gefordert, dass die Tibeter sich diszipliniert und ordentlich verhalten.
Am 14. August 2005 gab es in Lhasa eine große Militärübung unter der Bezeichnung “Task Force 05”, um für einen eventuellen Ausbruch von Unruhen gut vorbereitet zu sein. An der Militärübung nahmen die Polizei des Sicherheitsbüros von Lhasa, die bewaffnete Volkspolizei und die Abteilung für nationale Sicherheit teil. Hohe Funktionäre wie Yang Chuantang, Parteisekretär der TAR, und der Vorsitzende des Komitees für “Sicherheit und Stabilität” hielten Ansprachen, sie ermahnten die Bevölkerung, größere Anstrengungen zu unternehmen, um eine lange Periode des “Friedens und der Stabilität” in Tibet zu erreichen.
Am 18. August 2005 fand ein “Motivations-Meeting” des Sicherheitsbüros von Lhasa statt, bei dem das Sicherheitspersonal ermahnt wurde, alles zu tun, um politische Vorfälle während der Feierlichkeiten im Keim zu ersticken. Die Vorgesetzten machten den Sicherheitskräften klar, dass sie bei dieser Feierlichkeit eine wichtige politische Verantwortung trügen, ginge es doch um weit mehr als die bloße Aufrechterhaltung von Stabilität und Sicherheit.
Am 31. Juli 2005 entfernte die Volksverwaltung von Lhasa gewaltsam die Bettler von den Straßen und schickte sie an ihre Heimatorte zurück, um die Stadt von unerwünschten Elementen zu säubern. Ab der ersten Juliwoche mussten sich auch Touristen und auswärtige Besucher zusammen mit ihren Gastgebern beim Sicherheitsbüro melden. Letztere mussten für das Wohlverhalten ihrer Gäste bürgen. Auch die Restriktionen für die Klöster in der Umgebung der Stadt wurden verschärft, sie wurden noch stärker überwacht als in der Vergangenheit. Tibetern wurde das morgendliche und abendliche Umschreiten der heiligen Stätten untersagt. Im Kloster Sera traf in der ersten Juliwoche ein zusätzliches Kontingent an chinesischen Kadern ein, um die Mönche der “patriotischen Umerziehung” zu unterziehen.
In Lhasa selbst halten Sicherheitskräfte und Soldaten der bewaffneten Volkspolizei rund um die Uhr Wache und patrouillieren auf den Straßen. Alle Einfallsstraßen werden kontrolliert und die Checkpoints sind Tag und Nacht besetzt. Tibetern aus der umliegenden Gegend war es am Tag der Feierlichkeiten verboten, nach Lhasa zu gehen. Ihre Bewegungsfreiheit wurde empfindlich eingeschränkt.
Auch weiterhin werden dem tibetischen Volk seine grundlegenden Menschenrechte von der chinesischen Regierung vorenthalten und verletzt. Die Tibeter leben daher in einer Atmosphäre der Furcht, Anspannung und Unterdrückung. Der 40. Jahrestag der Gründung der so genannten “Autonomen Region Tibet” war von Restriktionen und intensiver Kontrolle durch die chinesischen Behörden gekennzeichnet.
Mit freundlicher Genehmigung: Adelheid Dönges, Internationale Gesellschaft fur Menschenrechte (IGFM)
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